Making of eines 3-D Modells

Hier kann alles rund um das Thema "Erstellung von 3-D Modelle" besprochen werden
Benutzeravatar
Christian
Administrator
Beiträge: 1873
Registriert: Mi 2. Dez 2015, 15:21
Wohnort: Dortmund
Kontaktdaten:

Making of eines 3-D Modells

Beitragvon Christian » Mo 6. Mär 2017, 02:20

Von der Idee bis zur Umsetzung
"per Foto zum fotorealen 3-D Modell"

Als erstes ist immer die Idee da. Oftmals kommt es vor dass man durch seine Stadt geht und denkt: "Hm, das Gebäude ist aber interessant oder auffällig und man möchte es als 3-D Objekt in den Flugsimulator einbinden“.

Nachdem man tatsächlich beschlossen hat das Gebäude umzusetzen, macht man Gesamt.- und Detailaufnahmen von allen Fassadenseiten (Nord, Süd, Ost und West). Für ein Objekt dieser Größenordnung braucht das geübte Auge maximal 30-40 Minuten.

tex_1_2.jpg
tex_1_2.jpg (478.94 KiB) 10357 mal betrachtet

Fotoaufnahmen am 09.04.2011 / Ehemaliger Wasserturm an den Betriebswerkstätten der Deutschen Bahn

Um den Arbeitsaufwand für die Nachbearbeitung der Fotos zu verringern, wie z.B. Retuschieren, ist es empfehlenswert darauf zu achten, dass keine oder möglichst wenige Autos, Verkehrsschilder oder Personen die Fassade verdecken.

Vorbereitung:
Nachdem die Fotos auf der Festplatte gelandet sind, tragen wir alle öffentlich zugänglichen Informationen über das Gebäude zusammen, falls nicht bereits geschehen! Im Prinzip reicht es aber auch aus, wenn man z.B. In Google Maps die Dachkantenlänge des Gebäudes ermittelt, was sehr einfach ist, da Google Maps ein Messwerkzeug dafür bereit hält. Später kann man über die ermittelte Kantenlänge und in Kombination mit der 2-D Anwendung die übrigen Gebäudeteile, wie Höhe, Breite und Tiefe, ausmessen bzw. errechnen und in die Handskizze übertragen. Das Schlüsselwort ist: Fluchtpunktberechnung. Dieses PlugIn ist in Photoshop bereits enthalten.

Oftmals gibt es aber auch qualifizierte Gebäudedaten in den verschiedensten Architektur-Foren. Bei historischen Gebäuden kann man den jeweiligen Denkmalschutzbeauftragten (z.B. bei Kirchen) ansprechen, denn in der Regel haben diese Leute detaillierte Zeichnungen und aussagekräftige Dokumente über die Maße des Bauwerks, siehe Skizzen:

skizze_reinoldikirche.jpg
skizze_reinoldikirche.jpg (116.75 KiB) 10357 mal betrachtet

Bild 1 und Bild 2 - Kopie der originalen Dokumente St. Reinoldikirche

Bei einem Projekt, bei dem es mehrere zu fotografierende Objekte gibt, wie zum Beispiel einem Flugplatz, kann es außerdem hilfreich sein, sich vorher einen Aufnahmeplan erstellen. Also einen Plan, aus dem hervorgeht, welche Objekte/Gebäude in den Flugsimulator als 3-D Modell eingebunden werden sollen. Dadurch behält man eine bessere Übersicht über alle noch zu fotografierenden Gebäude und Hangars.

aufnahmeplan_essen_muelheim.jpg
aufnahmeplan_essen_muelheim.jpg (100.32 KiB) 10357 mal betrachtet

Bild links: Aufnahmeplan Essen/Mülheim. Bild rechts: In die Handskizze durch die Fluchtpunktberechnung eingetragene Maße des Dortmund U

Später kann man über die ermittelte Kantenlänge und in Kombination mit der 2-D Anwendung die übrigen Gebäudeteile, wie Höhe, Breite und Tiefe, ausmessen bzw. errechnen und in die Handskizze übertragen. Das Schlüsselwort ist: Fluchtpunktberechnung. Dieses PlugIn ist in Photoshop bereits enthalten.


Das Erstellen von Gebäudetexturen:

Das jeweilige Foto in die 2-D Anwendung laden und bei Bedarf eine Objektivkorrektur vornehmen, da manche Kameraobjektive eine leichte Verzerrung verursachen. Schlüsselwort: Kissen.- und Fassverzerrung, auf englisch: Pincushin, Barreldistortion, siehe Bild:

Wasserturm_textur_objektivkorrektur.jpg
Wasserturm_textur_objektivkorrektur.jpg (304.53 KiB) 10357 mal betrachtet

Abbildung oben: Gerade bei billigen Kameras (Kompaktkameras) kommt es oftmals zu einer leichten Objektivverzerrung

Jetzt kommt das vorher erwähnte PlugIn Fluchtpunktberechnung ins Spiel. Man setzt vier Punkte auf den Ausschnitt des Bildes, den man als Textur haben möchte und hat dann ein Gitternetz mit dessen Hilfe und in Kombination mit den Informationen der Länge der Dachkante wir alle nötigen Maße nachmessen können. Am Besten man dokumentiert seine Aufzeichnungen auf einem kleinen Schreibblock und macht eine kleine Handskizze des Turms, siehe Bild:

Wasserturm_textur_fluchtpunktberechnung.jpg
Wasserturm_textur_fluchtpunktberechnung.jpg (304.16 KiB) 10357 mal betrachtet

Bild links: Das PlugIns Fluchtpunktberechnung im Einsatz, Bilder rechts: Das Resultat der Fluchtpunktberechnung sind zurechtgeschnittene Einzeltexturen.

Bei den Optionen der Fluchtpunktberechnung achten wir darauf, dass wir das fertig ausgemessene Foto als 3-D Layer an Photoshop zurücksenden. Dort können wir es dann perspektivisch Entzerren und haben dann eine editierbare Textur. Nun können wir die Textur verfeinern, bis sie fertig ist. Das geht über retuschieren, Farbanpassungen und das Kopieren einzelner Bildteile. Das wiederholen wir, bis alle Gebäudeseiten, das Dach und die restlichen Texturen fertig sind. Wir speichern im PSD-Format, weil dies mit den meisten 3-D Anwendungen direkt zusammenarbeitet.

Zusammenfassung:
Fotos in Photoshop laden, korrigieren, ausmessen, verfeinern und als PSD-Datei speichern.

Nun haben wir mehrere Einzeltexturen, damit kann der Flugsimulator aber nicht viel mit anfangen. Deshalb müssen wir alle Einzeltexturen in eine einzelne 1024 X 1024 Pixel / 8bit Textur laden. In diese 1024x1024-Vorlage ziehen wir nun alle zuvor Einzeltexturen per Drag & Drop und ordnen sie so, dass sie möglichst platzsparend bzw. effizient angeordnet sind. Hier macht sich endlich das jahrelange Üben mit Tetris bezahlt, siehe Bild:

Wasserturm_textur_fertig.jpg
Wasserturm_textur_fertig.jpg (322.97 KiB) 10357 mal betrachtet

Abbildung oben: Eine aus mehreren Einzeltexturen erstellte Textur (do_wasserturm_bw.psd)

Nachdem alle Einzeltexturen in die zuvor erstellte Textur-Vorlage rein kopiert und angeordnet sind, speichern wir die Vorlage unter einem eindeutigen Namen (do_wasserturm_bw.psd). Wir speichern einmal im Photoshop-Format – PSD und einmal im DDS-Format. Ersteres ist für die 3-D Anwendung letztere für den Flugsimulator. DDS steht für DirectDrawSurface und ist ein von Microsoft entwickeltes Format welches von allen gängigen Grafikkarten unterstützt wird. Es ermöglicht ein direktes laden in den Speicher der Grafikkarte und stellt sicher, dass bei sehr hohen Kompressionsraten die Bildqualität weitgehend erhalten bleibt.

Das Erstellen eines 3-D Gebäudes

Die 3-D Anwendung starten und mit Hilfe der recherchierten Maße ein „primitives“ Objekt erstellen, das in etwa den Maßen des tatsächlichen Gebäudes entspricht. Später werden weitere Details an das Gebäude angebracht. Nun Speichern wir die Datei unter dem gleichen Namen wie die zuvor erstellte Textur (do_wasserturm_bw). Das Modell selbst bekommt auch einen internen Namen und muss mit dem Dateinamen übereinstimmen und zusätzlich erhält es noch den Präfix „LOD_100“. Der interne Modellname sieht dann so aus: do_wasserturm_bw_LOD_100“.

Wasserturm_3-d_model_primitiv.jpg
Wasserturm_3-d_model_primitiv.jpg (129.63 KiB) 10357 mal betrachtet

Bild links: Primitives Objekt (Würfel) mit den Maßen aus der Fluchtpunktberechnung, Bild rechts: Primitives Objekt mit angefügten Details

Nun öffnen wir den Materialeditor der 3-D Anwendung, mit dessen Hilfe wir die erstellte Textur laden und mit FSX-Shadereigenschaften versehen können. Ist dies geschehen, weisen wir die im Materialeditor geladene Textur dem 3-Model zu und können nun die einzelnen Fassadenseiten auf das Modell projizieren. Das Schlüsselwort ist: „Texturemapping“.

Dazu wenden wir den UVW Map-Modifizierer auf das Objekt an . Übliche Mappings sind: Planar, Box oder Face, je nachdem wie wir die Polygone mappen wollen. Dann kommt sofort danach der Unwrap UVW-Modifizierer zum Einsatz, mit dessen Hilfe wir den Bereich der Textur wählen, der auf dem Polygon angezeigt werden soll. Der Einfachheit halber wechseln wir im Editierfenster von Vertex auf Polygonmodus und können nun im 3-D Fenster nach und nach jeden Polygon bzw. jede Gebäudeseite auswählen und im UVW Editor bearbeiten, siehe Bilder:

Wasserturm_3-d_model_edit_uvw.jpg
Wasserturm_3-d_model_edit_uvw.jpg (188.75 KiB) 10357 mal betrachtet

Bild links: Texturmapping mit dem UVW Editor, Bild rechts: fertig texturiertes und modelliertes 3-D Modell des Wasserturms

Wenn alle Gebäudeseiten und auch das Dach fertig gemappt sind, kann man das Modell für den Gebrauch im Flugsimulator exportieren.

Zusammenfassung:
Das Objekt mittels recherchierte Maße erstellen, Details anbringen, texturieren und exportieren.

Einbinden des fertigen Gebäudes in den FSX

Als letzten Schritt müssen wir das nun fertig texturierte und exportiere 3-D Modell im Flugsimulator an den richtigen Ort platzieren. Hier greife ich, wie in vielen Fällen, auf die Werkzeuge des FSX-SDK zurück. Das Tool mit dessen Hilfe das 3-D Modell platziert wird, heißt Object Placement Tool. Es wird über eine externe Datei (dll.xml) aktiviert, genauso wie FSUIPC. Die Szenerien Mülheim Ruhr X und Dortmund 2014 wurden mit Hilfe dieser Methode aufgebaut.

Wasserturm_3-d_model_platzierung.jpg
Wasserturm_3-d_model_platzierung.jpg (246.5 KiB) 10357 mal betrachtet

Platzierung des 3-D Modells im FSX … mit Hilfe des Object Placement Tool

Wasserturm_BW_2.jpg
Wasserturm_BW_2.jpg (355.7 KiB) 10357 mal betrachtet

Das Endergebnis im FSX

Benötigte Hard.- und Software:
Fürs Bildmaterial: Fotokamera, Handykamera oder Videokamera
2-D Anwendung: Photoshop + Nvidia Photoshop PlugIns
3-D Anwendung: 3-D Studio Max + Prepar3D-SDK

*Die hier beschriebenen Schritte zur Erstellung eines 3-Modells für den FSX können nur einen ansatzweisen Einblick in diese Arbeiten geben. Somit sind nicht alle erforderlichen Schritte aufgeführt, das wäre sonst zu komplex und technisch geworden. Der vorliegende Bericht richtet sich eher an Interessierte, die eine Übersicht in diese Art der Gestaltung eines 3-D Modells haben möchten.

© 2017 Christian Bahr
Lieben Gruß
Christian


MSFS - ASRock B560 Steel Legend - Intel i7 11700K - 64 GB Kingston Fury 3200 - ASUS RTX 4080 16GB TUF - Samsung 970 EVO Plus 1TB GB - Samsung 980 EVO 1TB

dikaflight
Beiträge: 33
Registriert: Mi 26. Apr 2017, 12:03
Wohnort: Fröndenberg

Re: Making of eines 3-D Modells

Beitragvon dikaflight » Mi 26. Apr 2017, 12:33

Eine tolle und erklärliche Einleitung!
Da ich noch sehr unerfahren in dieser Thematik bin eine Frage:
Ist es denkbar, die geforderten Modelle auch mit kostenloser Software (wie z.B. GIMP) zu erzeugen?

Benutzeravatar
FlyAgi
Beiträge: 377
Registriert: So 5. Mär 2017, 16:21
Wohnort: Hagen

Re: Making of eines 3-D Modells

Beitragvon FlyAgi » Mi 26. Apr 2017, 14:43

Für X-Plane kannst du Gimp zur Bildbearbeitung und Sketchup Make für die 3D-Modelle verwenden - beides ist kostenlos und funktioniert sehr ordentlich. Um Sketchup dazu zu bringen, X-Plane-Objekte zu erzeugen, benötigst du dann noch SketchUp2XPlane als Plugin.

Auf der verlinkten Seite sind auch noch andere nette Tools. Da du ja vom FSX kommst und sicher auch die eine oder andere Szenerie besitzt, könnte der Konverter FSX2XPlane auch etwas für dich sein. Der konvertiert Objekte, die du dann nur noch platzieren musst.


Zurück zu „3-D Modellierung“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 8 Gäste